Sollte DIGS hier unterstützen?

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Loenne
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Sollte DIGS hier unterstützen?

Beitrag von Loenne » 07.04.2006 21:14


Walter Franke
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Beitrag von Walter Franke » 07.04.2006 22:07

Hallo,

gerade DIGS sollte sich dem Protest anschließen, eine bessere Gelegenheit wird so schnell nicht wieder kommen.

Viele Grüße

Walter

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StefanGlabisch/Entetrente
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Ja das ist doch keine Frage !

Beitrag von StefanGlabisch/Entetrente » 08.04.2006 01:03

Oh Mann, wer hat denn diesen Gesetzesentwurf gebastelt ?

Selbstverständlich unterstützen wir den Protest !

Also bitte : An den Mailomaten und auch sonst alle gegebenen Möglichkeiten
nutzen diesen groben Unfug zu stoppen.

Bitte JETZT !!!
Vermittler nur für faire Archäologen und meldewillige Sondengänger.

El. Grabius
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Grundgesetzkonflikt

Beitrag von El. Grabius » 08.04.2006 13:07

Erstmal ein herzliches Hallo an Alle ! Ich lese schon lange bei Euch mit, und finde es gut was ihr da treibt (manchmal zwar nur eingeschränkt, aber man kann es eben nicht immer und nicht Jedem Recht machen).
Zum jetzigen Beitrag möchte ich einiges anmerken: Es ist wohl (außer bei einigen "Raubgräbern" und Co. welche mit Artefakten leider Profit erzielen) unumstritten dass der Schutz von Kulturgütern gewährleistet sein muß !! Schön dass sich auch unser Land endlich anschließt - doch viel zu spät. Nun zum rechtlichen: der Prof. Dr. ... ist wohl in seinem Fach eine Kapazität jedoch dürfte er bei seinem Studium wenig von Verfassungsrecht mitbekommen haben. Aus leidvollen Erfahrungen im III. Reich haben die Väter unseres Grundrechts mehrere Hürden eingebaut um staatliche Willkür nicht mehr zu ermöglichen. Darunter fällt beispielsweise auch das Verbot der rückwirkenden Geltung von Gesetzen. Ich nenne hier mal als Beispiele das Waffenrecht und das Fernmeldeanlagengesetz. Nach deren Änderung durften sich z.B Waffen / oder gewisse Funkgeräte nur noch mit Genehmigung (Waffenschein- Besitzkarte) im Besitz der Eigentümer befinden. Aber .... diese Regelungen galten ab einen bestimmten, zukünftigen Zeitpunkt. Eine Übergangsregelung wurde für diejenigen geschaffen welche vorher Waffen / Funkgeräte im Besitz hatten. Eine rückwirkende Bestrafung (Sicherstellung) war nicht möglich. Gesetze dürfen also erst für die Zukunft gelten ! dies ist im Grundrecht unumstößlich festgeschrieben (Gott lob !!!). Ein rückwirkendes Verbot für den Handel mit Kulturgütern könnte verfassungsrechtlich nie erlassen werden. (Ausgenommen den geltenden Bestimmungen natürlich, welche derzeit regelen was strafbar ist). Zum Abschluß mal eine kleines, abscheuliches Gedankenspiel:
Alle mit Suchgenehmigung (teilw. ausgen. Bayern) gehen im Moment (hoffentlich) legal ihrem Hobby nach. Morgen würde die Bundesregierung ein Verfahren einführen welches es für Alle verbietet überall und was auch immer zu Suchen, rückwirkend geltend zum Jahr 1990. Von ungenehmigten Suchern sind keine Adressen bekannt von denen mit Genehmigung ist Alles festgehalten. Was würden wir nun für Augen machen wenn die Polizei vor der Tür steht und uns Alle "hopps nimmt" für legale Aktivitäten unserer Vergangenheit welche nun nicht mehr erlaubt sind ? (Von diese Regelung profitieren nun LEIDER auch die Profitgeier).

Hier überschneidet sich dieser Beitrag mit einem anderen Threat. Bundesland S., ... eine Selbstanzeige strafrechtlicher Natur .... ? wenn jemand in der Vergangenheit nur am Badestrand (ohne den leisesten Verdacht einer Bodendenkmalseigenschaft) gesucht hat ?? Ich glaube in manchen Behörden (welche für und nicht gegen den Bürger da sind !!) spukt der Ungeist von vor 1990 noch umher !! Mich würden mal die Rechtsgrundlagen interessieren ? Schade dass die meisten Sondler nicht die Mittel haben solche Geistesblitze auf ihre Rechtmäßigkeit von der Justiz prüfen zu lassen. So müssen bei Verfassungsklagen die "normalen Gerichte" vorher ausgeschöpft werden. (d. h. i. d. R. 4 Gerichtsverfahren). In diesem Fall dürfte wohl das Verwaltungsgericht in der 1. Instanz genügen. Hier müssten sich die Sondler zusammenschließen um die Mittel für solche Musterklagen zusammenzubringen ! Wäre doch für DIGS mal ne Überlegung wert ?! Geht aber nie ohne genügend Spendenbereitschaft der Mitglieder und klagen kann auch nur der Betroffene selbst. Bin mir sicher, dass ich niemals beim LDA vorstellig geworden wäre um mich einer Strafanzeige auszusetzen, es grenzt ja fast an puren Masochismus - und jede Erniedrigung würde ich auch nicht mitmachen. Von den rechtlichen Folgen mal abgesehen.

Doch zurück zu diesem Beitrag, Ihr seht das Grundgesetz dient uns Allen und was in der Vergangenheit erlaubt war - kann in der Zukunft nicht für die Zeit davor strafbar werden. Alles andere wäre ein Rückschritt in das düstere Kapitel 1933-45 !! So wichtig Kulturgüterschutz auch ist - und es jedem heimatlich Verbundenem das Herz bluten lässt - die Idee ist gut, aber es kann rechtlich nicht klappen (egal wieviele Unterschriften) !!! Zumindest wird es nun endlich geregelt.
Puh so lange sollte mein Erster Beitrag nun wirklich nicht werden.

Viele Grüße: El Grabius :wink:

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StefanGlabisch/Entetrente
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Hallo El Grabius,

Beitrag von StefanGlabisch/Entetrente » 08.04.2006 14:15

:D Hallo El Grabius,
erstmal herzlich Willkommen.

Es ist duchaus richtg was du sagst : Gesetze gelten nicht rückwirkend.
Irgendwann muß aber der Punkt gesetzt werden, von da ab es in richtigen Bahnen gelenkt und vernünftig kontrolliert zugeht.

Abertausende von Artefakten lassen sich nicht mehr zuordnen.
Sie geistern über den Kunstmarkt und werden dies auch weiterhin tun, da sie (wie du schon schreibst) VOR dem Gesetz bereits im Handel waren.

Wichtig sind die Neuzugänge ! Bei denen muß das Gesetz packen können.
Ohne korrekten Nachweis der Herkunft dürften diese nicht handelbar sein.

Daher muß zwangsläufig zuerst eine Erfassung der ALT-Bestände im öffentlichen Interesse liegen. Ohne dem hat das ganze Gesetz weder Hand noch Fuß.

PS: Zu Sachsen > Auf Wunsch der Betroffenen verhalten wir uns hierzu neutral. Wir werden weder zu noch abraten. Aber beobachten.

Besten Gruß Stefan
Vermittler nur für faire Archäologen und meldewillige Sondengänger.

Jan
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Beitrag von Jan » 10.04.2006 10:48

Antwort von Bernd Schmidbauer:

Sehr geehrte Damen und Herren,

für die mehr als 450 Mails zu o. g. Sachverhalten bedanke ich mich und bitte vorab bereits um Ihr Verständnis, dass ich auf Grund der Vielzahl der bereits eingetroffenen Mails und der noch zu erwartenden Mails nicht jede Mail individuell beantworten kann. Aus diesem Grund sende ich Ihnen ein eher allgemein gehaltenes Schreiben und hoffe, Ihnen für den Moment Ihre Bedenken genommen zu haben.

Zunächst einmal ist es zu begrüßen, dass es einer Bundesregierung nach über 30 Jahren kontroverser Diskussion endlich gelungen ist, den Entwurf eines Ausführungsgesetzes zur UNESCO-Konvention von 1970 vorzulegen. Das Ausführungsgesetz kann kein Allheilmittel für den Kulturgutschutz sein. Es dient der Ausführung des UNESCO-Übereinkommens von 1970, das im Übrigen ein Verbot des Handels mit archäologischen Gegenständen nicht vorsieht. Es dient nicht der generellen Unterbindung des Handels mit antiken und archäologischen Funden. Zu einzelnen von Ihnen aufgeführten Kritikpunkten möchte ich wie folgt Stellung nehmen:

Die Forderung nach einer Beweislastumkehr in Bezug auf den Ursprung eines Gegenstandes, dessen Rückgabe von einem Vertragsstaat begehrt wird, ist problematisch. Eine Rückgabe ohne Beweis der Herkunft ist nicht möglich, denn es besteht dann die Gefahr, dass sich mehrere Staaten auf den Rückgabeanspruch berufen. Ein Rückgabeanspruch sieht die Konvention nur für den Staat vor, aus dem der Gegenstand stammt. Vermutungen reichen hierfür nicht aus.

Das so genannte Listenprinzip ist nicht verzichtbar, denn ohne Listenprinzip fehlt dem betroffenen Händler, Sammler, Museum oder in sonstiger Weise betroffenen Bürger die Möglichkeit zu erkennen, ob ein erworbener Gegenstand möglicherweise in den Herkunftsstaat zurückzugeben ist. Das Problem, dass Gegenstände, die illegal ausgegraben und illegal außer Landes gebracht werden, zuvor nicht in Listen erfasst werden können, wird dadurch gelöst, dass für archäologische Funde binnen Jahresfrist nach Bekanntwerden des Gegenstandes eine Nacherfassung in der Liste durch den Herkunftsstaat möglich ist.

Die gewünschte Rückführungsmöglichkeit für bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes nach Deutschland verbrachte Gegenstände herbeizuführen, ist aufgrund des verfassungsrechtlich begründeten Rückwirkungsverbots nicht möglich. Dadurch wird aber nicht jeder Gegenstand legalisiert. Ist ein Kulturgut in einem Staat illegal ausgegraben, in dem alle Bodenfunde dem Staat gehören, so erfüllt der wissentliche Handel damit in Deutschland in aller Regel den Tatbestand der Hehlerei, der entsprechend geahndet werden kann.

Schließlich möchte ich darauf hinweisen, dass das Ausführungsgesetz der UNESCO-Konvention grundsätzlich eine Ausgewogenheit zwischen den Interessen eines legalen Kunsthandels und dem Schutz der Kulturgüter herstellen muss.

Ungeachtet all dieser Erwiderungen möchte ich Ihnen zusichern, dass wir den vorgelegten Gesetzentwurf im weiteren parlamentarischen Verfahren gerade im Hinblick auf die von Ihnen vorgebrachten Kritikpunkte überprüfen werden.

Mit freundlichen Grüßen

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